Ausbildung in Zeiten von Corona: Ein Beispiel des Bildungszentrums von InfraServ Wiesbaden
Ein Interview mit Ausbildungsleiter Bodo Wünsch.
Das Coronavirus verändert derzeit alle gesellschaftlichen Bereiche und macht auch vor der dualen Berufsausbildung nicht halt. Wie hat sich diese seit dem Lockdown verändert? Wird das Virus nachhaltigen Einfluss auf das Ausbildungsangebot nehmen? Und wie kann ein erfolgreicher Abschluss auch in Krisenzeiten gelingen? Diese und weitere Fragen haben wir jemandem gestellt, der es wissen muss: Bodo Wünsch, Ausbildungsleiter des InfraServ Wiesbaden Bildungszentrums, berichtete im Interview mit Jürgen Funk, Geschäftsführer Verbandskommunikation bei HessenChemie, wie sich der Alltag im Ausbildungszentrum aufgrund von Corona verändert hat und künftig weiter verändern wird.
Was hat sich seit dem Lockdown in der Ausbildung geändert?
Weite Teile der theoretischen Ausbildung werden nun auch in eLearning-Formaten bereitgestellt. Dies hatten wir schon längere Zeit vor, es scheiterte aber bisher entweder an den Kosten oder an der Zeit. Wir sind im Tagesgeschäft nur in Teilbereichen dazu gekommen, die Inhalte zu digitalisieren. Der Anbieter unserer jetzigen Lernplattform liefert die zentralen Inhalte gleich mit. Das ist zwar etwas teurer, hat uns aber sehr viel zeitliche Ressourcen gespart. Durch die Corona-Krise hat sich im Hinblick auf die Digitalisierung durchaus einiges beschleunigt.
Die Ausbilder arbeiteten staffelweise teils von zu Hause aus, teils vor Ort, standen aber im permanenten Austausch mit den Auszubildenden. Daraus sind sehr praktikable Wechselpläne entstanden, sodass sich Präsenz und ‚home schooling‘ nun ideal ergänzen.
Was den betrieblichen Anteil der Ausbildung angeht, reagierten unsere Verbundpartner zu Beginn des Lockdowns unterschiedlich. Ein Teil schickte die Auszubildenden ganz nach Hause ins ‚home schooling‘, andere setzten sie zunächst aufgrund gestiegener Arbeitsaufträge verstärkt im Betrieb ein. Das war möglich bzw. notwendig, weil ja auch die Berufsschulen geschlossen waren. Für uns als Bildungsdienstleister hat sich sonst gar nicht so viel verändert. Es ist allerdings gut, dass wir jetzt wieder starten können und die Auszubildenden auch wieder ins Bildungszentrum kommen dürfen. Wir haben uns schon gegenseitig vermisst.
Welche Herausforderungen beschäftigen Sie derzeit besonders?
Jetzt müssen wir vor allem eine sichere Prüfungsvorbereitung unter den verordneten Hygienebestimmungen sicherstellen. Das Einhalten und Überwachen unserer selbst erstellten Zeit- und Zonenkonzepte – wer kommt wann, welche Gruppen, die Abstände vor Ort – das kostet zusätzliche Zeit. Wir wollen aber, dass alle auslernenden Azubis wie vorgesehen zum Sommer ihren Abschluss erhalten und ihnen von unserer Seite keine Nachteile entstehen. Da gibt es natürlich jetzt auch die eine oder andere Überstunde, aber jeder will sein Prüfungsziel erreichen und alle ziehen an einem Strang.
Eine kleine Herausforderung war auch die Beschaffung von Masken. Wir haben einen Bedarf von 400 Stück in der Woche und die mussten beschafft werden. Hier hat sich aber unser Geschäftsführer persönlich stark eingesetzt, sodass wir zeitgereicht gut versorgt sind.
Welche Maßnahmen planen Sie noch oder wenden Sie bereits an?
Als Ersatz für die ausgefallenen Ausbildungsmessen werden wir ab Anfang Juni regelmäßig online Berufsorientierungs-Chats anbieten. Hier sprechen wir einzelne Schulen an oder gehen auch über die Schulsozialarbeit. Als Gesprächspartner stehen Azubis, Ausbilder oder ich zur Verfügung. Wir produzieren hierfür auch kleine Filmbeiträge zu den einzelnen Ausbildungsberufen. Dann setzen wir im Bewerbermarketing aber auch auf Social Media und werben in Zeitungsannoncen. Wir starten damit am Donnerstag, den 04. Juni!
Für die Aufnahme der neuen Auszubildenden am 1. September überlegen wir uns auch neue Formate, weil ja eine größere Aufnahmefeier vielleicht noch nicht wieder möglich sein wird. Aber vielleicht ist das mit den kleinen Gruppen auch individueller. Wir werden ein kleines Get-together machen und die Aufnahme und Begrüßung aller neuen Azubis insgesamt auf zwei Tage aufteilen.
Wird sich die Corona-Krise negativ auf das Ausbildungsangebot auswirken?
Bei uns eher nicht. Alle unsere Partnerunternehmen halten an den geplanten Ausbildungsplätzen fest und sparen hier nicht an der falschen Stelle. Die wirtschaftliche Situation im Industriepark Kalle-Albert stellt sich zum Glück aber auch trotz der Corona-Krise überwiegend als sehr stabil dar.
Wie bereits gesagt, besteht allerdings eine Herausforderung im stark eingeschränkten Bewerbermarketing. Wir verzeichneten zwischenzeitlich etwas weniger Bewerberzahlen. Die Schulen legen zudem derzeit den Fokus nicht unbedingt auf Berufsorientierung. Noch Anfang des Jahres hatten wir hervorragende Bewerberzahlen, die jetzt auch wieder zurückkommen. Jetzt wollen wir auch hier neue Wege gehen, um die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen zu erreichen.
Das vollständige Interview lesen Sie auf www.hessenchemie-blog.de/hessenchemie/ausbildung-corona/.